Der perfekte Raum

In den letzten Jahren habe ich in den unterschiedlichsten Räumen Workshops und Kurse zu Improtheater und Impromusik gegeben. Von Klassenzimmern bis schwarz gestrichenen Kammern ohne Fenster war alles dabei. Doch worauf kommt es eigentlich an bei solchen Räumen, in denen wir Inspiration finden und erfolgreich arbeiten wollen?

Was wäre der Worste Case?

  • schlechte Luft
  • wenig Bewegungsfreiheit in die Breite und in die Höhe
  • zu dunkel/zu hell
  • schlechte Akustik
  • zu leer/zu voll
  • schlechte Lage
  • unfreundliches Personal
  • Verbote überall
  • zu teuer

 

Klar, diese Punkte möchte niemand. Dennoch gibt es sie in Gänze oder im einzelnen immer wieder. Aber der Reihe nach. Es ist wichtig, dass der Raum gut und regelmäßig gelüftet werden kann. Ohne Sauerstoff werden alle schnell müde und gereizt. Das hilft niemanden. Wenn der Raum insgesamt zu klein ist für die Gruppe, kann auch der Geist nicht frei arbeiten. Es mag im ersten Moment nett sein, so kuschlig zusammen zu kommen, aber kleine Räume haben schneller schlechte Luft und da jeder in seinem eigenen Prozess steckt, ist körperlicher Abstand auch gut, um zu sich zu kommen. Außerdem helfen größere Räume bei körperlichen oder Kreisübungen. Keiner will sich verletzen. Ist der kleine Raum auch noch dunkel oder gar komplett schwarz gestrichen, kann man vielleicht eine Weile fokussiert arbeiten, jedoch machen Farben und Lichtverhältnisse etwas mit unserem Gemüt. Für einen Workshop, in dem Du aufmachen sollst, brauchst Du ein positives Umfeld. Und das beginngt bei der Farbe und beim Licht. Ist der Raum allerdings komplett Licht durchflutet und hat viele Fenster, kann dies schnell den Aquariumeffekt haben. Man kommt sich vor, wie auf dem Präsentierteller, wenn auch noch draußen ständig Publikum vorbei geht oder rein glotzt. Außerdem benötigt man öfters einen Fokus auf eine Bühne und da hilft es, wenn die Bühne beleuchtet oder hell ist und nicht der komplette Raum. Liegt der Raum direkt an einer vier spurigen Hauptstraße, hat sich das Thema frische Luft und ruhiges fokussiertes Arbeiten auch schnell erledigt. Befindet sich der Raum 10 Kilometer vor der Stadt in einem grauen Gewerbegebiet, kann einem auch mulmig werden. Zumal die Organisation mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hinzu kommen, auch schwer werden kann. Gibt es Personal am Ort, dass Einweisungen gibt oder am Tresen steht? Unfreundlichkeit hilft auch hier keinem weiter. Workshopteilnehmer sind oft eine spezielle Klientel, die nervös und aufgeregt ist ob des neu gelernten. Sie befinden sich im Lerntunnel. Da braucht es Menschen, die mit den Bedürfnissen dieser Gruppe umgehen können. Unfreundlichkeit tötet in den Pausen die Inspiration und das gute Gefühl, dass sich die Gruppe mit ihrem Trainer so mühsam aufgebaut hat. Dennoch beachtet, dass Freundlichkeit von beiden Seiten ausgeht. Auch wenn man im Tunnel ist, kann man freundlich das Personal um etwas bitten. Von Seiten des Ortes gilt es, nicht alles mit Verbotsschildern zu zu pflastern. Das zeugt wenig von Vertrauen in die Mieter oder Gruppen, die im Haus sind. Eine klare, freundliche Ansage müsste reichen. Ein Appell an den gesunden Menschenverstand auch. Sollte dennoch mal etwas schief gehen, redet mit einander. Es gibt nichts, was zum Weltuntergang führt bei einem Workshop. Und zu guter Letzt dreht sich alles um’s Geld. Ein zu teurer Raum weckt viele Erwartungen oder bietet so viele Möglichkeiten, die man für seine Zwecke vielleicht gar nicht braucht. Zu günstig haftet oft ein Image an, nicht gut genug zu sein. Klar möchte jeder Geld sparen, aber letztlich zahlt sich eine Investition in Umgebung, Gefühl und Raum immer aus. Der Workshop wird dadurch sicher ein bisschen besser.

Zwei Beispiele

Ich fühle mich in kleinen, engen Räumen, die noch schwarz oder grau gestrichen sind, nicht besonders wohl, wenn ich weiß, dort verbringe ich jetzt 8-16 Stunden meines Lebens. Wenn dann noch Unfreundlichkeit, Unsauberkeit und eine schlechte Lage dazu kommen, muss ich sehr viel Energie reinstecken, diesen Ort auszugleichen. Ist der Raum dann noch komplett mit Teppich und Stoff ausgekleidet, habe ich gar keine natürliche Akustik mehr. Wir brauchen einen kleinen Wiederhall vom Raum, um uns wohl zu fühlen. Aber nicht zu viel! Klar kann der vergleichsweise billig sein. Aber tue ich mir damit wirklich einen Gefallen?

Ich hüte mich auch vor den, wie ich sie nenne „Berliner Räume“. Das sind meist Wohnungen bestehend aus mehreren Räumen, ein größerer Raum, Sitzenecke und häuslich eingerichteter Küche. Alles ist glatt verputzt und weiß gestrichen. Die Fußböden sind Holzdielen. Es gibt ein zwei IKEA-Möbel, ansonsten ist der Raum leer. Klar, schön groß und hell. Doch habe ich oft erlebt, dass diese Räume einerseits sehr teuer sind, aber vor allem eine schlechte Akustik haben! Und das ist mir bei Musikworkshops insbesondere sehr wichtig. Hat der Raum auch noch eine riesige Fensterfront oder Tageslichtfenster aus Glas an der Decke, wird es ganz schwierig. Schon ein kleiner Klatschkreis kann zum Desaster für die Ohren werden. Lärm ist Stress und Stress ermüdet. Eine schlechte Akustik, die zu anstrengend für die Ohren ist, schlägt auf die Stimmung. Alle werden schneller müde und erschöpft. Das merkt man dann sogar körperlich. Und Denken ist dann auch bald schlecht. So toll diese Räume erst einmal wirken, so schwierig können sie für das Arbeiten sein. Und beim Theater ist man schon öfter mal laut und hat nicht nur Sitzkreise, in denen diskutiert wird. Dazu kommt der teure Preis, der ja mit genau dem Stil gerechtfertigt wird. Am besten Ihr geht mit drei Leute bei der Besichtigung in den Raum und Klatscht eine Weile mal laut. Gibt es zu viele Reflexionen durch nackte Wände und Glasfronten, ist der Raum nichts, wenn man keine ruhigen Sessions macht. Von Musik ganz zu schweigen. Gänzlich aktustisch tot sollte der Raum jedoch auch nicht sein.

Was wäre also der Best Case?

  • variable gestaltbar in den Lichtverhältnissen (Bühnensituation und Fokus herstellbar)
  • Bewegungsfreiheit zur Seite und nach oben, ohne sich verloren zu fühlen bei Größe
  • Größe des Raumes kann man variable verändern (vielleicht durch Trennwände, Paravents)
  • helle, freundliche Farbgebung
  • freundliche Einweisung, Hilfsangebote vom Vermieter ohne aufdringlich zu sein oder nicht loslassen zu können
  • angenehme Raumakustik ohne zu viel Hall oder zu wenig Raumklang
  • inspirierende Details in der Raumgestaltung (Bücherregal, Tarotkarten, Spiele, Zeitschriften….)
  • Decken oder Yogamatten
  • verschiedene Sitzmöbel, bequeme Stühle
  • bezahlbares Preis-Leistungsverhältnis
  • angenehme Lage, gut erreichbar oder Benefits durch die direkte Umgebung (Natur, Restaurant, Café…)

 

 

Es gibt immer Abstriche, aber es lohnt sich vorher klar zu werden, dass man nicht nur irgendeinen billigen Raum braucht, sondern welchen Raum man benötigt für welche Art von Workshop oder Probe. Es ist immer gut verschiedene Räume auszuprobieren und es lohnt sich auch mal an einen anderen Ort zu fahren. Das ist vielleicht auch gut für die Gruppe, die damit gleich auch ein gemeinschaftliches Erlebnis hat. Selbst eine gemeinsame Auto- oder Zugfahrt kann einen näher an den Spielpartner bringen. Belohnt wird man in jedem Fall, wenn man sich nicht nur um die Inhalte des Workshops, sondern auch über das Drumherum Gedanken macht.

Welche Erfahrungen habt Ihr mit Räumen gemacht? Könnt Ihr welche empfehlen?

Klar könnte ich jetzt einfach Werbung für meinen Workshopraum im Klubhaus Lüchfeld machen…. Und genau das mache ich auch. Ich habe versucht viele der Punkte in meinem Raum umzusetzen, die ich von einem guten Arbeitsraum erwarte. Ich freue mich auf Eure Anfragen!

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