Improvisation und GEMA

Es gibt immer wieder die Diskussion, in wie fern Improvisation GEMA pflichtig ist. Besonders Improtheater haben ab und an Post von der Verwertungsgesellschaft. Ein Impromusiker im SÜden Deutschlands organisierte seit einiger Zeit einen Improtreff, bei dem Musiker zusammen kamen und improvisierten vor Publikum. Der Eintritt war frei. Dennoch stieg die GEMA den Künstlern auf das Dach. Auch in einer Facebook Gruppe wurde letztens darüber diskutiert. Da drehte es sich um Auftritte einer Improtheatergruppe. Auch da wollte die GEMA Geld.

Meine Recherche

Foto: Ryan McGuire
Foto: Ryan McGuire

Hier einige amüsante, wenn es nicht so traurig wäre, Fundstellen aus dem Netz zu dem Thema:Ich bemühte eine bekannte Suchmaschine zu dem Thema. In der Tat kein neues. Der Sachverhalt ist folgender: Ist ein Musiker, der öffentlich vor Publikum im Rahmen einer Veranstaltung improvisiert, Mitglied der GEMA, so wird ihm unterstellt, dass er just in diesem Moment ein neues Werk geschaffen hat. Da er Mitglied ist, schützt die GEMA den Künstler quasi vor sich selbst. Für die Veranstaltung werden Gebühren fällig. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass eine angekündigte Veranstaltung – die GEMA ist ja selten selbst anwesend – von Zuschauern besucht wird, die Eintritt bezahlen. Dort muss also auch GEMA pflichtige Musik gespielt werden. Das ist dann das Totschlagargument der GEMA, die sogenannte GEMA Vermutung. Ich habe auch Stimmen gehört, wo die GEMA drauf bestand, dass ja Improvisation auch auf Harmonien und Rhythmen beruhen, die in GEMA pflichtigen Werken verwendet werden. Das ist aber nicht so weit verbreitet, wie der erste Ansatz. Das würde ja noch absurder werden. GEMA-Künstler werden als Opfer ihres eigenen Vereins. Das kann schnell mal 500-700 Euro kosten. Bei Nicht-Zahlen kommt gleich der Anwalt etc. oben drauf. Nicht zimperlich dieser GEMA-Wasserkopf.

Die verrücktesten GEMA Geschichten
Facebook Thread der GEMA
Ein betroffener Musiker und GEMA Mitglied

Was bedeutet das für improvisierende Musiker und Improtheater?

tumblr_nhrpp2siqg1sfie3io1_1280-300x204Im Grunde kann das nur bedeuten, dass ich als auftretender improvisierender Musiker nicht in der GEMA sein darf, wenn ich oder der Veranstalter nicht zur Kasse gebeten werden will. Bei Improvisationstheater ist das dann der selbe Fall. Ist der Musiker in der GEMA, muss zumindest die Veranstaltung angemeldet und eine (leere) Liste abgegeben werden. Man meint, da wäre man nun sicher. Es gibt aber auch Quellen, die sogar hier das Gegenteil behaupten. Man könnte meinen, dass sich die GEMA hierzulande mit ihrer GEMA-Vermutung alles erlauben kann. Die Praxis sieht anders aus, aber man weiß ja nie. Wenn man sicher gehen will, zahlt man für die Veranstaltung, damit keine höhere Rechnung nach kommt. Absurd, aber bisher gibt es noch keinen anderen Präzedenzfall. Es ist ein Graubereich und viele Veranstalter von Impro-Events dürfen hoffen, dass keine Post kommt. Die Praxis sieht auch so aus, dass die meisten keine GEMA zahlen und nichts anmelden. Der gesunde Menschenverstand hat nun einmal keine GEMA-Vermutung. Wieder ein Grund mehr, warum ich nie GEMA Mitglied werden möchte und meine Werke unter Creative Commons stehen. Kauft immer beim Künstler direkt. Dann kommt am meisten bei ihm an!

Update 15.12.2016 – Aussagen des Verbandes der GEMA-Zahler

Der Verband der GEMA-Zahler hat zur Problematik folgende Aussagen gemacht:
1. Jede Veranstaltung ist anzumelden, ob GEMA-pflichtige Musik gespielt wird oder nicht! Wenn keine GEMA-pflichtige Musik gespielt wird, muss auch nichts gezahlt werden. Wenn ja, wird es teuer…
2. Wenn ein Musiker Mitglied in der GEMA oder einer verpartnerten Gesellschaft (z.B. die dänische Coda) ist, ist auch improvisierte Musik des Mitglieds nicht mehr frei, da diese bereits in der Entstehung geschützt ist. Der Musiker ist verpflichtet diese bei der GEMA als neues Werk dann noch anzumelden und der Verwerter muss zahlen.
3. Wenn ein Musiker Mitglied der GEMA ist und ausschließlich Musik von einem Nicht-GEMA-Mitglied spielt, ist diese Veranstaltung nicht abgabepflichtig, da der Komponist nicht in der GEMA ist und der Musiker der Veranstaltung nur Musik wiedergibt. Wenn ich also als Nicht-GEMA-Mitglied Musik schreibe und Mitglieder in der GEMA oder ausländischen Verwertungsgesellschaften die Musik spielen, ist man auf der sicheren Seite. Wenn es andersrum wäre, müsste gezahlt werden.
4. Das Lied „Drunken Sailor“ ist in der ORIGINALFASSUNG über 100 Jahre alt (1891) und somit nicht mehr geschützt. Der Schreiber des Textes ist zudem unbekannt. ACHTUNG: Wenn die Musik nicht in der Originalfassung gespielt wird, sondern in einer geläufigen Version von Dchingis Khan, ist diese nur noch ein paar Jahrzehnte alt und geschützt. Wenn wir also Drunken Sailor spielen oder singen wollen, müssen wir darauf achten, dass diese in der Originalversion gesungen wird. Wie finden wir das aber raus? Ich habe keine CD aus dem Jahr 1891 im Schrank. Das bedarf dann also Recherchearbeit.
5. Einlassmusik ist auch anzumelden! Also auch hier musst drauf geachtet werden, dass keine geschützte Musik gespielt wird.

Ein Gedanke zu „Improvisation und GEMA

  1. jayrope Antworten

    Moin aus Berlin. Ich würde bei Musik im Theater bzw. auch für reine Tanzvorstellungen und diverse Mischformen generell davon ausgehen, daß diese Improvisationen genauso wie Kompositionen auch bei GEMA-Mitgliedern _nichts_ mit der GEMA zu tun haben, solange sie mind. 70% der im Theatervorstellungskontext ausmachen, diese 70% also für die Vorstellung improvisierte und/oder komponierte Musik sind. Solcherart Musik gehört zum „Grossen Recht“, welches die GEMA nur auf Anfrage von Mitgliedern für einzelne Werke betreut. Verbleibende max. 30% (z.B. Coverversionen oder Musik aus der Konserve) werden durch die pro Vorstellung zumindest an festen Veranstaltungsorten eh vereinbarte Pauschalzahlung durch den Produzenten, normalerweise die Betreiber des Hauses, abgedeckt. Wenn 100% Bühnenmusik Originalmusik des Stückes sind, dann ist die GEMA erst einmal _gar nicht_ dafür zuständig, vom o.g. genannten direkten Mitgliedsauftrag abgesehen, und dann sollten auch Pauschalzahlungen für einen solchen Abend nicht mehr erhoben werden können. Achtung: Alles ohne Gewähr. Ich bin kein Anwalt, trotzdem aber GEMA-Mitglied und Musiker/Komponist von Originalwerken im Bühnenkontext und gebe hier meine Erfahrungen wieder. Im Einzelfall kann ich nur raten, bei der GEMA anzurufen und so detalliert als möglich nachzufragen, insbesondere in Bezug auf Bühnenwerke (dazu gehört auch Tanz/Ballettmusik).
    Noch nachgeschoben: Grosses Recht ist genauso lizenzpflichtig, wie die Musiken, welche die GEMA hauptsächlich betreut. Bei grossem Recht werden aber die Lizenzsätze direkt zwischen Komponist/in und Produzent verhandelt, ohne die GEMA als Zwischenstation. Ich kann genau dies auch nur empfehlen. Falls Detailfragen, dann kann man mich gerne kontaktieren. Austausch zwischen Kollegen und Kolleginnen hilft am Allermeisten, und ich weiß auch nicht alles immer so genau. Dank für den Artikel .jrp

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.