Virtuelle Helfer auf der Bühne

Wie sinnvoll sind virtuelle Instrumente für Improtheater?

Es gibt verschiedene Sorten Impromusiker auf den Bühnen. Die einen spielen ausschließlich akustische Instrumente, manche nur eins, andere gleich eine Vielzahl. Und es gibt diejenigen, die elektronische Instrumente spielen. Meistens Tasteninstrumente. Auch ich bin hauptsächlich ein Tastenspieler und ein elektronischer noch dazu. Mich reizt die Klangvielfalt und der Sound. Ich will im besten Fall den besten Soundtrack zu einer Improgeschichte spielen, als würde diese Story verfilmt. Ich orientiere mich stark an der Filmmusik und dadurch natürlich auch an ihrer Klangwelt. Seit Jahren nutze ich Keyboards und Workstations auf der Bühne. Aber auch Sampler oder Drum Synthesizer, wie die Korg WaveDrum. Die wichtigste Frage aber, wenn man über Technik auf der Bühne spricht, muss lauten: Hilft mir die Technik? Es nützt rein gar nichts, wenn die Darstellung darunter leidet. Ist man als Musiker zu sehr mit der Bändigung seiner Technik beschäftigt, leidet die Aufmerksamkeit für das Theaterspiel. Und das sollte immer im Zentrum stehen. Du musst als Musiker der Geschichte folgen können. Eine schlimme Vorstellung von seinem Display irgendwann wieder hoch zu schauen und die Spieler verabschieden sich schon vom Publikum in die Pause, während Du immer noch nach diesem einen tollen Sound suchst. Deshalb ist es wichtig zum einen seine Technik zu beherrschen und zum anderen Prioritäten zu setzen. Der Sound und die Bastelei live auf der Bühne können nicht das Ziel sein. Daher ist ein schneller gezielter Zugriff auf Klänge und Samples wichtig. Zum anderen kann man nicht in jeder Show die gleichen Sounds einsetzen. Gerade Samples langweilen mich selbst ja irgendwann. Sie sollen schließlich der Geschichte dienen. Man hüte sich davor, Sounds nur deswegen spielen zu wollen, weil man sie hat und weil man es kann. Ich habe auch schon mein ganzes Setup aufgebaut und den ganzen Abend mit vier Klängen gestaltet. Auch wenn ich tausende zur Auswahl habe. Es soll eine weitere Farbe in meinem Repertoire sein. Mehr nicht. Die Technik ist nicht das wichtigste. Und das beweisen ja sehr gute Impromusiker jeden Tag, wenn sie „nur“ ein akustisches Instrument zur Verfügung haben. Aber da Improvisation für mich auch immer etwas mit Experimentieren zu tun hat, probiere ich gern neue Sachen und vor allem Klänge aus.

Korg WaveDrum und Roland FA 08 Workstation live

Seit kurzem habe ich mein Live Setup um Laptop und Midi-Controller erweitert. Seitdem teste ich diverse Software, ob sie für die musikalische Gestaltung von Improshows hilfreich ist. Neben meiner Roland FA 08 Workstation, die bereits sehr viele gute Sounds bietet, wollte ich auch meine VST’s, virtuelle Softwareinstrumente, nutzen. Wichtig ist dabei, dass das Setup praktikabel und flexibel bleibt. Denn schnelles Reagieren und Nutzbarkeit der Technik hat oberste Priorität. Die aufgeführten VST’s sind die, die ich bereits im Live-Einsatz auf Tauglichkeit getestet habe.

Der Artikel wird in Zukunft immer mal wieder aktualisiert, wenn ich andere VST’s und Technik ausprobiert habe und nutze.

Setup & Software

Hardware

Roland FA 08 Workstation
Akai APC Key25 Midi-Controller
Laptop Asus FX553DV Intel Core i7 2,8 GHz 16GB RAM Windows 10 64bit
Externe Samsung T5 SSD Festplatte (Speicherplatz für VST Instrumente)
Focusrite Scarlett 2i4 2nd Generation Audio Interface

Software

Ableton Live 9 DAW
Steinberg Cubase 9.5 Artist

Plug Ins

Native Instruments Kontakt 5
Noiiz Sample PlugIn

VST’s

Ivy Audio Clare Solo Soprano Voice
Spitfire Olafur Arnalds Evolution Strings
CineSamples CineBrass Core
CineSamples CineStrings Core
CineSamples CineOrch
Heavyocity Vocalise
Sonokinetic Desert Voice Refurbished

Setup im Detail

Der Alleskönner mit perfektem sound

Das Roland FA 08 ist mittlerweile mein Standard Instrument. Ich wollte es damals unbedingt haben, weil es großartigen Sound mit Praktikabilität für Impro verbindet. Sein Padfeld auf der rechten Seite ermöglicht ein schnelles Umschalten und Layern von Sounds. Außerdem können die Instrumente auf der Tastatur über

Zonen eingeteilt werden. Ausführlicher habe ich in diesem Artikel über das Instrument geschrieben.

Laptop oder Mac?

Ich habe lange hin und her überlegt, ob der Laptop ein Windows Rechner oder ein Mac werden soll. Ich hatte mich schließlich für einen Windows 10 PC entschieden, da ein Apple Gerät auch einen kompletten Systemwechsel nach sich gezogen hätte. Was das bedeutet, kann man sich ja denken. Außerdem steht diese Variante dem Mac mittlerweile in nichts nach. Leistung und Stabilität sind gegeben. Es ist eine Philosophiefrage.

Externe SSD für Geschwindigkeit

Wichtig war mir die Auslagerung der Sample Instrumente auf eine externe schnelle SSD Festplatte. Die Ladezeiten sind deutlich schneller und wenn man live während der Show doch noch ein Instrument nachladen möchte, gelingt dies im Handumdrehen.

Das rote Interface

Ein neues Audio Interface musste mit der Anschaffung des Laptops her, da mein altes Tascam nicht mehr wirklich Windows 10 tauglich war. Der Treibersupport wurde 2014 eingestellt. Die Latenzen waren einfach zu groß. Und eine Verzögerung beim Live Spielen geht auf der Bühne einfach nicht. Das Focusrite bietet sehr gute Vorverstärker und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Sieht aus wie Spielzeug

Der Akai APC Key25 Midi Controller ist hauptsächlich ein Controller und Launchpad für Ableton Live. Die vielen kleinen Pads oberhalb verraten es. Das kleine Keyboard sieht etwas aus, wie Kinderspielzeug. In der Tat ist die Tastatur wirklich nicht viel mehr. Aber es genügt, um Oberstimmen und zusätzliche VST’s zu spielen. Die Pads starten und stoppen Samples in Ableton Live. Über Controller können zusätzliche Parameter verändert werden, wie Lautstärke oder Effekte. Das Akai bietet neben der kleinen Tastatur und der kompakten Größe auch ein geringes Gewicht, was im Live Einsatz immer eine Rolle spielt. Man möchte sich ja nicht tot schleppen. Und ich brauche für eine zusätzliche Tastatur auch keine 88 Tasten. Um Oberstimmen oder Soloinstrumente zu spielen, genügten mir die 25. Einzig Pedale können nicht angeschlossen werden. Ein Sustain Pedal wäre manchmal hilfreich. Auch ein Expression Pedal ist bei vielen VST’s nützlich. Nunja. Es geht auch ohne.

Software im Detail

DAW’s und PlugIns

Um Samples abzuspielen habe ich sehr lange einen Roland SP 404 Hardware Sampler genutzt. Der ist auch immer noch toll. Stürtzt nie ab und ist leicht zu bedienen. Dennoch ist man auf die Samples festgelegt, die ich den Bänken und Pads vorher aufgespielt habe. Das kann eine ganz schön nervige Sache sein erst alles auf die Speicherkarte am Rechner und dann auf das Gerät zu laden. Eine Laptop Lösung fand ich praktikabler, wenn ich doch spontan noch andere Samples brauche. Am Bildschirm kann ich eine gut sortierte Bibliothek gut und schnell durchsuchen. Daher viel irgendwann zwangsläufig meine Wahl auf Ableton. Und nicht nur wegen der Übersichtlichkeit und der Möglichkeit, Samples am Akai abzuspielen per Knopfdruck. Ableton hat eine tolle Funktion, die bei Musiksamples sehr hilfreich sein kann. Es passt Samples dem Haupttempo an. Das heißt, ich kann einen Rhythmus laufen haben und ein weiteres muskalisches einfach reinziehen auf eine Spur. Die zweite Spur läuft sofort im Haupttempo und passt quasi fast immer mit dem laufenden Samples zusammen. Das macht vieles einfacher. Früher habe ich Samples immer mit gleichen Tempi abspielen müssen. Der SP 404 Sampler hat das Tempo der Samples nicht zueinander angepasst. Kein Wunder, dass soviele Electromusiker Ableton nutzen. Darin kann ich natürlich auch PlugIns Laden und schließlich über NI Kontakt auch meine VSTs.

Ich habe aber auch noch eine zweite DAW im Hintergrund laufen. Und zwar Cubase 9.5. Das hat folgenden Grund: Wenn es die Show und Zeit erlaubt und die Notwendigkeit bestehen sollte, kann ich während Ableton Loops abspielt, im Hintergrund das Noiiz Plugin in Cubase nutzen. Dieses kleine Tool ist über WLAN mit der Noiiz Sample Cloud verbunden. Dort kann man als Abonnent auf alle Samples zugreifen, die Noiiz veröffentlicht hat. Ich kann also schnell Sounds suchen über die Oberfläche, wenn mir noch etwas am Sound fehlen sollte. Diese ziehe ich auf eine Cubase Audiospur. Und dieses Audio wird ja automatisch herunter geladen und in einen Ordner abgelegt. Während Ableton also noch Loops live abspielt, habe ich im Hintergrund mit einem Kopfhörer ein neues Samples im Internet suchen können und kann es nun von einem Ordner auf meinem Laptop direkt in den laufenden Ableton Loop integrieren. Klingt kompliziert. Ist es aber nicht. Einzig muss man aufpassen, dass man sich nicht nur noch in der Technik und den Kontakt zu den Spielern auf der Bühne verliert. Daher würde ich diese Vorgehensweise nur nutzen, wenn es unbedingt nötig ist oder es sich zeigt, dass genügend Zeit dafür da ist. Man darf nicht vergessen, dass die Improspieler weiter spielen und die Show läuft. Es ist also ein Multitasking, was da läuft. An erster Stelle steht aber die Show und die Live Situation. Von daher habe ich zwar theoretisch diese Möglichkeit ausprobiert, sie aber noch nicht in einer Improshow eingesetzt. Da ich auch improvisierte Konzerte spiele mit meiner Band Hear and Now, wäre eventuell dort eher der Ort für eine solche Arbeitsweise. Aber man muss eben immer aufpassen, dass man nicht den Kontakt zur Außenwelt verliert. Es ist ja eine Bühnenperformance.

Ein wichtiges weiteres PlugIn ist Kontakt 5 von Native Instruments. Ohne ihm würden viele VST’s nicht laufen. Außerdem gibt es beim Kauf der Vollversion gleich noch eine eigene, solide Library an Sounds dazu. Kontakt ist quasi das Herzstück, wenn es um VST’s Spielen geht, da ich sie ja in eine DAW einbinden will. Natürlich kann man Kontakt auch als selbstständig laufende Instanz ausführen, ohne Cubase oder Ableton haben zu müssen.

Virtuelle Instrumente

Ivy Audio Clare Solo Sopran Voice

Dieses Instrument ist eine gesamplete Sopran Stimme einer Sängerin, das legato Vocalisen auf der Tastatur spielbar werden lässt. Es umfasst „nur“ den realen Stimmumfang der Solistin und ist perfekt live zu spielen.

Spitfire Olafur Arnalds Evolution Strings

Ein herrlich atmosphärisches Instrument. Eigentlich müsste man Instrumente sagen. Es sind Streicher aller Lagen, die in verschiedenen Spielweisen aufgenommen wurden. Ein perfektes Instrument für Hintergrund Atmosphären von Horror bis Drama.

CineSamples CineBrass Core

Eine Blechbläser Library, die wirklich nach Hollywood klingt. Hörner, Trompeten oder alle Bläser gemeinsam. Live super zu spielen. Ich liebe die einsame Trompete oder die Posaunen. Das beste an CineSamples sind einfach die True Legato Patches, die wirklich nach live gespielten Instrumenten klingen. Perfekt für den Hollywood Soundtrack von Mafia Story bis Phantasy Epos.

CineSamples CineStrings Core

Kinosound zu Hause. Schon die Blechbläser sind wirklich toll. Die Streicher sind es auch. Auch hier ist das Legato das, was mich daran für den Live Einsatz interessiert. Dennoch muss man sagen, dass bei Liveauftritten Streicher selten ein Problem beim Sound sind. Bereits mein Roland FA08 hat Streichersounds, die live toll klingen. CineStrings sind die 5%, die den Sound vielleicht noch etwas besser machen. Daher auch eher sinnvoll sie als Oberstimme zu nutzen. Sonst genügt meine Workstation schon.

Cinesamples CineOrch

Ein spannendes Instrument, weil man hier gut sehen kann, wie Filmmusik seit einigen Jahren schon arbeitet. Man findet hier auf der Tastatur Zonen, die bereit ganze Akkorde auf jeder Klaviertaste spielen. Ein Bereich für Dur, einer für moll, Umkehrungen, etc. Auch wenn ich dies vielleicht besser auf dem Roland spielen könnte, ist der Sound schön. Wieso also nicht?

Heavyocity Vocalise

Hier interessieren mich vor allem die Vocal Samples. Sie sind in Tonarten eingeteilt und wenn man eine Taste drückt, singt eine Sängerin eine kleine Phrase in der gewählten Tonart. Aber auch Flächenklänge, Chor und einige interessante Variationen sind sehr brauchbar für manch Genre im Improtheater.

Sonokinetic Desert Voice Refurbished

Ein VST, das es so gar nicht mehr zu kaufen gibt, glaube ich. Eine Sammlung von orientalisch arabischen Vocalphrasen in verschiedenen Tonarten. Kann spannend sein für das eine oder andere Genre im Improtheater. Sicher nichts, was ich ständig einsetzen kann. Dafür ist es zu speziell.


Dies ist ein kleiner Teil meiner virtuellen Instrumente, die ich im Live Einsatz getestet habe. Diese schienen mir zunächst für den Einsatz als zusätzliche Oberstimme oder Effekte nützlich. Auch die Samples und Hintergrundgeräusche in Form von Samples, die ich über Ableton loope, sollen die musikalische Gestaltung ergänzen. Sich im Vorhinein Gedanken zu machen darüber, welche Sounds helfen, mich musikalisch noch besser ausdrücken zu können und das Improtheater zu bereichern (und nicht zu überladen), ist wichtig. Und eine Beschränkung seiner Mittel kann auch sinnvoll sein. Denn sonst steht man doch wieder vor der nicht enden wollenden Auswahl und kann sich nicht entscheiden. Meine Entscheidung läuft eigentlich fast immer auf eine Frage hinaus: Wird der Klang noch besser, wenn ich eine andere Technik nutze? Die Suche nach dem besten Klang und eine möglichst reichhaltige Auswahl an Ausdrucksmitteln ist mir als Impromusiker sehr wichtig.

Wenn Ihr Erfahrungen mit Software, VST’s und Equipment habt, lasst es mich wissen. Ich freue mich über einen Austausch, welche Hilfsmittel beim Improtheater uns voranbringen.


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